Das Rote Kreuz von 1945 bis 1987
Der Zusammenbruch des "Dritten Reiches" bedeutete für das Deutsche Rote Kreuz nicht das Ende, wohl aber einen völligen Neuaufbau. Dieser war je nach Besatzungszone verschieden. (58)
In Bayern hatte der damalige Oberbürgermeister von München Scharnagl bereits im Mai 1945 den Auftrag erhalten, das Rote Kreuz neu zu formieren. Ebenso wurden in den anderen Zonen nach und nach Landesvereine gegründet, die sich zu "Arbeitsgemeinschaften vom Roten Kreuz" zusammenschlossen. Aufgrund der schwierigen politischen Situation kam es aber erst am 4. Februar 1950 zur formellen Gründung des Deutschen Roten Kreuzes. (59)
Die Aufgabengebiete waren teils traditionell, teils völlig neuartig. Folgende Schwerpunkte prägten die Tätigkeit des Roten Kreuzes in der ersten Nachkriegszeit:
- Hilfe für Flüchtlinge
- Hilfe für Kriegsgefangene, Schwerbeschädigte, Heimkehrer, politisch und rassisch Verfolgte
- Suchdienst
- Hilfe des Auslands
- Krankenhauswesen, Krankentransport
- Rettungsdienst
- Wohlfahrtsarbeit
- Jugendrotkreuz (60)
Im Bereich der Ortsvereinigung - der Terminus "Ortsgemeinschaft" war aufgegeben worden - gab es keine Unterbrechung in der Rotkreuzarbeit, obwohl die Bereitschaften und Sanitätskolonnen offiziell nicht mehr existierten. In einer Dokumentation des DRK-Generalsekretariats werden die erschwerten Arbeitsbedingungen der Mitglieder so dargestellt, wie es auch für Kipfenberger Verhältnisse zutreffend war:
"Trotzdem setzten Männer und Frauen, die sechs Jahre lang im Dienst des Roten Kreuzes die vom Krieg geschlagenen Wunden gelindert hatten, ohne Unterbrechung ihre Tätigkeit fort. die meisten von ihnen auf sich allein gestellt, abgeschnitten von jeglichen Verbindungen und ohne ausreichende Hilfsmittel. So lebte das Deutsche Rote Kreuz als Idee und Tat weiter im entschlossenen Handeln ungezählter Rotkreuzhelfer. Diese Taten einzelner waren es, aus denen das Rote Kreuz in Deutschland als Werk und Organisation wieder entstand." (61)
Auch in Kipfenberg erfolgte keine offizielle Neugründung der Ortsgruppe und daher gab es zunächst auch keinen gewählten Vorstand. Auf Veranlassung des damaligen Landrats Hans Pappenberger sammelte Anton Gröger eine kleine Schar von treuen Rotkreuzmitgliedern um sich, die sich den kaum lösbaren Problemen der Zeit mit viel Engagement zuwandten. Bereits 1948 stand nach Angaben des langjährigen Kolonnenfürhers Max Heinz ein Sanitätsauto für den Krankentransport und Unfallrettungsdienst zu Verfügung. (62) Zu Beginn der 50-er Jahre wurden auch schon wieder Erste-Hilfe-Kurse und Lehrgänge für "Sanitätshelfer" durchgeführt, geleitet von den ehemaligen Wehrmachtssanitätern Max Heinz, Leonhard Bögelein, Balthasar Schmidt und Wilhelm Schöll.
Ein geordnetes Schriftwesen führte der Verein seit 1956, als Anton Gröger gewählter Vorstand und Frl. Götze Schriftführerin waren. Die Ortsvereinigung Kipfenberg zählte damals 46 aktive Mitglieder (27 männlich, 18 weiblich, 1 hauptamtliches Mitglied), als fördernde Mitglieder konnten 27 Personen gewonnen werden.
Als besondere Aktivität zählt der Jahresbericht drei ärztliche Vorträge, eine praktische Übung, einen Übungsalarm und den regelmäßigen Sportplatzdienst auf. Welch überragende Bedeutung auch nach dem Krieg dem Sammeln von Spendengeldern zukam, beweist ein Schreiben des Vorstands Gröger an die aktiven Mitglieder:
"Das Sammeln ist aktiver Dienst! Das übrige Geschehen des BRK Kipfenberg vollzieht sich ungezwungen. Zu dieser einzigen Verpflichtung des Sammelns innerhalb des BRK Kipfenberg bitten wir Sie um besondere Bereitschaft." (63)
Mit welch spärlichen Haushaltsmitteln gewirtschaftet werden musste, zeigt die Einrichtung einer "Knochenkasse" im Oktober 1955: Durch kleine Umlagen und Spenden versuchte man, sich die Anschaffung eines Skeletts für unterrichtliche Zwecke leisten zu können.
Die Neuwahl vom 15. Februar 1959 brachte folgendes Ergebnis:
"Obmann" der Ortsvereinigung | Anton Gröger |
Arzt | Dr. Arthur Mahner |
Zugführer | Leonhard Bögelein |
Leitung d. Frauenbereitschaft | Wally Haberl |
Schriftführerin | Frau von der Marwitz |
Kassier | Anton Milchmeier |
1960 erfolgte eine bedeutsame Aufwertung der Ortsvereinigung: Der Sanitätszug wurde zur Kolone erhoben. Erster Kolonnenführer war Leonhard Bögelein. Der Kolonne Kipfenberg wurden die neu gegründeten Sanitätszüge Denkendorf und Schelldorf sowie die Gruppen Kinding (mit Erlingshofen), Zandt, Gungolding und Irfersdorf angeschlossen. Besonders gut war die Zusammenarbeit mit der Freiwilligen Feuerwehr Kipfenberg. Im Jahr 1962 legte Anton Gröger das Amt des "Obmanns" nieder, sein Nachfolger wurde Georg Stocker. Im April desselben Jahres beklagte man den Tod des Kolonnenarztes. Dr. Paul Menninger. Am 16. September konnte das 75-jährige Bestehen des Roten Kreuzes in Kipfenberg festlich begangen werden. Die "Eichstätter Zeitung" schrieb als Vorwort zum Jubiläumsbericht:
"75 Jahre Rotes Kreuz - diese Worte, richtig betrachtet, schließen viel Arbeit, viel Sorgen, viel Aufopferung und Entbehrungen in sich ein. Die Männer und Frauen, die sich dem Roten Kreuz verschrieben haben, tun ihre Arbeit nicht für Geld und Geldeswert, sie tun sie aus Liebe zum Nächsten aus reinem Idealismus. Daher kann ihre aufopfernde Tätigkeit nicht hoch genug eingeschätzt werden." (64)
Die anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Kipfenberger Frauenvereins 1937 eingetretenen Mitglieder Leonhard Bögelein und Wally Haberl erhielten die von Ministerpräsident Ehard verliehenen Auszeichnungen für 25-jährige Mitgliedschaft.
In den folgenden Jahren wurde die Rot-Kreuz-Arbeit unter dem Vorsitzenden Stocker intensiviert und neue Züge konnten aufgestellt werden. Anhand des Jahresberichtes 1964, lässt sich eine ganze Bandbreite der Tätigkeiten dokumentieren.
Verstärkt wurde das Kipfenberger Rote Kreuz durch die neue Gruppe in Denkendorf, die sich am 17. Februar 1959 gegründet hatte; Gründungsmitglieder waren Maria Schießl, Helga Kolator, Rudolf Hiemer (1. Zugführer in Denkendorf), Georg Schießl, Franz Wittmann, Hans Herler, Josef Reigl und Eduard Schüssel. Dieser Gruppe schlossen sich in den folgenden Jahren weitere Mitglieder an. In Zandt war es 1960 und in Dörndorf 1961, dass sich Freiwillige für das Rote Kreuz bereiterklärten, sozialen Dienst zu leisten. Gründer und Wegbegleiter dieser Gruppen waren damals die Bereitschaftsführerin Wally Haberl, Kol. Führer Leonhard Bögelein und die Ausbilder Max Heinz und Balthasar Schmidt.
Der 30. November 1961 war erneut ein Meilenstein in der Entwicklung der Kolonne Kipfenberg. Nach einem von Max Heinz gehaltenen Erste-Hilfe-Kurs in Schelldorf fassten 13 Männer den Entschluss, in Schelldorf aktive Rot-Kreuz-Arbeit zu leisten. Diese junge Gruppe wurde von Ernst Wilfing geleitet. im Jahre 1966 übernahm sie Michael Kreuzer; er konnte im Dezember 1970 die Ernennung zur "Kolonne Schelldorf" in Empfang nehmen. Dr. Betz aus Kipfenberg betreute die Kolonne Schelldorf weiter, bis am 24. März 1979 der neue Kol. Arzt Dr. Holtz aus Denkendorf, vorgestellt und eingeführt wurde.
Die Patenschaft bei der Fahnenweihe im Jahre 1972 wurde von Kipfenberg selbstverständlich übernommen.
Im Jahre 1967 verstarb der 1. Kipfenberger Kolonnenführer Leonhard Bögelein; seine aufopfernde Rot-Kreuz-Arbeit war Vorbild für alle Aktiven der Kipfenberger Gemeinschaft. Der Nachfolger, Max Heinz, Krankenpfleger am Krankenhaus Kipfenberg, begleitete diese Aufgabe bis 1974. Karl Bruckschlögl übernahm die Kolonne und fungierte bis 1977. Im Mai 1976 wurde auf Initiative von Erna Martin, damalige Bereitschaftsführerin, eine Seniorenbetreuung ins Leben gerufen. Durch die Unterstützung von Lieselotte Kerl und Maria Weiß genoss dieser "Dienst" große Bedeutung.
Schließlich folgte als eigen Abteilung des Roten Kreuzes die Gründung einer Wasserwachtsgruppe, die im Kipfenberger Freibad und am Erholungszentrum "Kratzmühle" regelmäßigen Wachdienst versieht. Als Geburtshelfer der Abteilung erwiesen sich Max Heinz, Anton Unterburger und Waldemar Paril, der auch die Leitung der Wasserwacht übernahm.
Eine Neuordnung innerhalb der Kolonne brachte im Jahre 1978 auch einen neuen Kolonnenführer. Bei einer Mitglieder-Vollversammlung konnte Jakob Schön als Kolonnenführer gewonnen werden.
Am 22. und 23. Juli 1978 konnte das Rote Kreuz Kipfenberg auf 90 Jahre Dienst am Nächsten zurückblicken. Während eines Festabends in Grösdorf sowie beim Brunnenfest auf dem Kipfenberger Marktplatz wurde dieses Jubiläum gebührend begangen.
Der 90-Jahrfeier der Kolonne Eichstätt und der 25. Jahrfeier der Kolonne Titting im Jahre 1979 stattete die Kolonne Kipfenberg ihren Besuch ab.
Eine persönliche Leistung konnte Max Heinz als Erste-Hilfe-Ausbilder vorweisen, hatte er doch seinen 75. Kurs in Buch für die Bevölkerung abgehalten.
Endlich, im Februar 1980, konnte die Kolonne über einen eigenen, vom Landkreis bereitgestellten Lehrsaal verfügen. Leider musste dieser Raum im April 1983 wieder geräumt werden. Der Aufenthaltsraum im Personalwohnheim wurde das "neue Domizil" der Kolonne. Die Umbauarbeiten am Kreiskrankenhaus waren der Grund für die wechselnden Räumlichkeiten.
Im Herbst 1984 konnte der Zug Denkendorf auf 25 Jahre Bestehen zurückblicken. Im November verkündete Jakob Schön seinen Rücktritt als Kolonneführer. Unter der Leitung des stellv. Kolonnenfürhers Alfred Pröls wurde Walter Grüner am 30. Novemberg 1984 von den anwesenden Kameraden als neuer Führer der Kolonne Kipfenberg vorgeschlagen und gewählt.
Bei einer internen Geburtstagsfeier wurde dem Ortsvorsitzenden Heinrich Haderer die Ehrenmitgliedschaft der Kolone Kipfenberg verliehen. Den Mitgliedern Max Heinz wurde hierbei die goldene Karl Bruckschlögl die silberne Verdienstmedaille für besondere Verdienste um das Rote Kreuz Kipfenberg überreicht.
Nachdem bereits 1983 bei der Primiz in Litterzhofen der Sanitätsdienst versehen wurde, konnte die Primiz am 30. Juni 1985 in Pfahldorf dank aller Aktiven als Beweis der Leistungsfähigkeit der Kolonne angesehen werden.
Beim alljährlichen Gedenkgottesdienst für die verstorbenen Mitglieder unserer Gemeinschaft, am 3. November 1985, erhielt die renovierte Fahne ihren kirchlichen Segen.
Trauer überschattete die Kolonne, denn der Arzt des Zuges Denkendorf, Herr Dr. med. Hubertus Kollotzek, verstarb am 15. März 1986 in Augsburg.
Der Blutspendedienst des BRK übernimmt, mit Unterstützung der örtlichen Rot-Kreuz-Mitglieder, nach 10 Jahren Pause, wieder die Termine im Kreis Eichstätt.
Am 14. Oktober 1986 wurde mit den Vorbereitungen zur 100-Jahrfeier begonnen und ein Festausschuss gegründet, der bemüht ist, dieses Jubiläum gebührend zu gestalten. Er bestand aus den Damen: Annemarie Groß, Zenta Sohmen und Christl Weber sowie Heinrich Haderer, Alfons Biberger, Franz Wittmann, Alfred Pröls, Karl Gäck, Anton Kienast, Jakob Schön, Wolfgang Mertl und Walter Grüner.